Das Vaterunser Germanisch-Deutsch diachronisch und regional

Gotisch

Atta unsar þu in himinam, weihnai namo þein, qimai þiudinassus ∴eins, wairþai wilja þeins, swe in himina jah ana airþai. hlaif unsarana þana sisteinan gif uns himma daga. jah aflet uns þatei skulans sijaima, swaswe jah weis afletam þaim skulam unsaraim. jah ni briggais uns in fraistubnjai, ak lausei uns af þamma ubilin unte þeina ist þiudangardi jah mahts jah wulþus in aiwins. atem.

Altniederdeutsch

Fadar ûsa firiho barno thu bist an them hôhon himila rîkea, geuuîhid sî thîn hamo uuordo gehuuilico Cuma thîn craftag rîki. Uuerða thîn uuilleo oƀar thea uuerold alla, sô sama an erðo, sô thar uppa ist an them hôhon himilo rîkea. Gef ûs dago gehuulikes râd, drohtin the gôdo, thîna hêlaga helpa, endi alât ûs, heƀenes uuard, managoro mênsculdio, al sô uue ôðrum mannum dôan. Ne lêt ûs fariêdan lêða uuihti sô forð an iro uuilleon, sô uui uuirðige sind, ac help ûs uuiðar allun uƀilon dâdiun.

Niederdeutsch heute

Unse Vader in'n Heben! Laat hilligt warrn dienen Namen. Laat kamen dien Riek. Laat warrn dienen Willen so as in Heben, so ok op de Eerd. Uns' dääglich Brood giff uns vondaag. Un vergiff uns unse Schuld, as wi de vergeben doot, de an uns schüllig sünd. Un laat uns nich versöcht warrn. Maak du uns frie vun dat Böse. Denn dien is dat Riek un de Kraft un de Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Althochdeutsch

Fater unsēr, thu in himilom bist, giuuīhit sī namo thīn, quaeme rīchi thīn, uuerdhe uuilleo thīn, sama sō in himile endi in erthu. Broot unseraz emezzīgaz gib uns hiutu. endi farlāz uns sculdhi unsero, sama sō uuir farlāzzēm scolōm unserēm, endi ni gileidi unsih in costunga. auh arlōsi unsih fona ubile.

Weißenburger Paternoster, geschrieben im 9. Jh.

Mittelhochdeutsch

Got vater unser, dâ du bist in dem himmelrîche gewaltic alles des dir ist, geheiliget sô werde dîn nam, zuo müeze uns komen das rîche dîn. Dîn wille werde dem gelîch Hie ûf der erde als in den himeln, des gewer unsich, nu gip uns unser tegelîch brôt und swes wir dar nâch dürftic sîn. Vergip uns allen sament unser schulde, alsô du wilt, daz wir durch dîne hulde vergeben, der wir ie genâmen dekeinen schaden, swie grôz er sî: vor sünden kor sô mache uns vrî und lœse uns ouch von allem übele. âmen.

Reinmar von Yweiter um 1230

Moselfränkisch

Vater unser, du bist in den hymelen. Geheilicheit werde dyn name. Zv kome vns dyn rich. Dyn wille gewerde als in dem hymel vnd in der erden. Vnser tegliches broit gib vns hude. Vnd vergijff vns vnsere schult als wir doen vnsern schuldigern. Nicht leide vns in bekorunge sunder erlose vns von ubel.

Nikolaus Von Kues 1441

Frühneuhochdeutsch

Unser Vater jnn dem himel. Dein name werde geheiliget. Dein Reich kome. Dein will geschehe auff erden wie im himel. Unser teglich brod gib uns heute. Und vergib uns unsere schulde wie wir unsern schuldigern vergeben. Und füre uns nicht jnn versuchung sondern erlöse uns von dem ubel. Denn dein ist das Reich und die krafft und die herrlichkeit jnn ewigkeit. Amen.

Luther-Bibel 1534

Hochdeutsch heute

Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde. Gib uns heute das Brot, das wir brauchen. Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen.

Poetisch

Laßt uns beten: Vater unser,
Unser Vater, der du bist
In dem Himmel, ewig unser,
Wo das Reich der Gnaden ist;

Auf den Erden, in den Sonnen,
Welche wir wie Funken sehn,
Willst du deines Reiches Wonnen,
Und dein Wille muß geschehn!

Uns're Leiber werden Trümmer:
Vater, unser täglich Brod
Gib uns heute, gib's uns immer,
Bis an unsers Leibes Tod!

Uns're Seelen, schwer beladen
Mit der Last der Sündenschuld,
Stützen sich auf deine Gnaden:
Ach, vergib uns uns're Schuld!

Prüf' uns nicht bis zum Erliegen
Unter unserm Seelenschwerz!
Laß dir deine Gnade gnügen,
Sprich uns deinen Trost in's Herz!

Und erlös' uns von dem Bösen!
Du, der Vater, kannst allein
Alles Bösen Bande lösen;
Vater, alle Macht ist dein!

Dein ist Alles! Deinen Namen,
Deine Kraft und Herrlichkeit
Preisen Erd' und Himmel — Amen,
Amen! bis in Ewigkeit.

Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)